»Zwei Künstler aus Tallinn in Estland«
Fred Jacobson & Illimar Paul
24. April bis 5. Juni 2016
»Die Idee zu dieser Ausstellung entstand bei einer Begegnung zu einer Exposition in Worpswede »Hommage für Heinrich Vogeler«, als Fred Jacobson den ersten Preis für seinen Beitrag, seine Monotypie erhielt. Leider verstarb inzwischen der Freund und Künstler, doch dieses Versprechen möchte ich hiermit einlösen.
Es sollte aber keine Kopie der Ausstellung in Worpswede werden, sondern eine Korrelation mit einer zweiten künstlerischen Position aus seiner Heimat Estland.« So begann der Laudator Gerd W. Fiedler seine einführenden Worte zur Ausstellung »Fred Jacobson Illimar Paul – Zwei Künstler aus Tallinn in Estland«.
Die Ausstellung kann sicherlich nur einen minimalen Ausschnitt aus dem jeweiligen Œuvre der beiden Künstler zeigen. Zu sehen sind von beiden Künstlern unterschiedliche Sujets und Techniken.
Fred Jacobson wurde 1922 in Reval (Tallinn) geboren. Als sogenannter Deutsch-Balte wuchs er dreisprachig auf (Deutsch, Russisch, Estnisch). Nach intensiven Kriegserlebnissen fand er bei Freunden in Hannover eine Bleibe. Er arbeitete zunächst als Werbegrafiker, später als freischaffender Künstler. Sein hinterlassenes Œuvre besteht vor allem aus Zeichnungen, Monotypien, Aquarellen, Batiken und Gemälden. Jacobson arbeitete figurativ, meist mit Kreide, Tusche, Bleistift und Öl. Seine Sujets waren Mensch, Natur und Technik und er arbeitete, vor allem in den 60er Jahren, an akribisch ausgefeilten Monotypien zu seinen traumatischen Kriegserlebnissen. Später kamen sogenannte »Schrottbilder«, »Baumportraits« und immer wieder Selbstprotraits. Fiedler sagt: »Er war sich selbst sein wichtigstes Modell, vielleicht nicht so sehr aus Eitelkeit, eher aus einer pragmatischen Überlegung heraus, der kostenfreien eigenen Verfügbarkeit.« Der Kurator Gerd Fiedler lernte ihn Mitte der 70er Jahre kennen, als er beim Allgemeinen Künstler-Lexikon im Seemann Verlag Leipzig, für die Bearbeitung estnischer Künstler zuständig war. Später betreute er sein Werkverzeichnis an seinem Wohnort in Hannover. Fred Jacobson starb 2013 und hinterließ als Neunzigjähriger ein umfangreiches und interessantes Lebenswerk.
Estland besuchte Fiedler bis Anfang der 90er Jahre regelmäßig und lernte über seine Arbeit auch Illimar Paul kennen und schätzen. Der Künstler Illimar Paul war selbst an diesem Tag anwesend und bedankte sich herzlich für diese wunderbare Ausstellung in der art Kapella. Er wurde 1945 in Tallinn geboren, studierte an der dortigen Kunstakademie. Sein Meisterstudium führte ihn an die HGB nach Leipzig und verbindet ihn bis heute mit Leipzig. Seine Arbeiten leben von seiner faszinierenden Zeichenkunst. Er fängt fotografische Momente, Sequenzen eines Augenblicks, ein und bringt mit dem Bleistift und seiner zeichnerischen Genauigkeit europäische Stadtlandschaften aufs Papier. In seinen farbigen Werken, wie die Siebdrucke oder die beiden landschaftlichen Zeichnungen aus einem Symposium in Schwerin, arbeitet er frei und löst sich vom Gegenständlichen. Man kann sagen, beides steht sich in seiner Arbeit wie in einem Dialog gegenüber.
Die Pianistin und Komponistin Anja Halefeldt sorgte am Flügel an diesem Eröffnungstag für die musikalischen Höhepunkte. Sie brachte Klavierstücke mit Titeln wie »Sonnen-Labyrinth«, »The Green Way« und »Leichter Sinn« aus ihrem im Juni 2016 neuerscheinenden Album »Widmungen« zur Uraufführung.
Die Ausstellung war bis zum 5. Juni 2016 in der Galerie art Kapella zu sehen. Am Sonnabend, dem 14. Mai, fand um 14 Uhr, im Rahmen des Kunstkreises, plauderte der Kurator Gerd W. Fiedler in einem Gespräch mit dem estnischen Grafiker Harry Jürgens über die Grafik Estlands in der Vorwendezeit.
Kurator: Gerd W. Fiedler
Text: Petra Kießling
Weitere Termine waren:
Finissage am Sonntag, 5. Juni 2016, ab 14 Uhr